Israel 11. bis 18.3.2019: Bildung, Pilgern und Spaß .....
‚Morgen mache ich mich auf und erkunde das Land‘ sagt ein Israeli zu einem anderen und wird daraufhin gefragt: ‚und was machst du am Nachmittag? ‘ Kleines Land? (Anmerk. d. Redaktion: Israel ist so groß wie Hessen.)
Dieser Frage wollten sich 44 Reisende stellen und begaben sich gut gelaunt am 11. März frühmorgens auf den Weg nach Tel Aviv. Die Kontrollen waren im „Separee“, im Terminal F: Bewacht von schwer bewaffneten Polizisten wurden wir von israelischen Sicherheitsbeamten genauestens befragt.
Aber dann…. Israel, wir kommen. Begleitet wurde der Start der ELAL-Maschine nicht nur von dichtem Schneegestöber und einer Stunde Verspätung, sondern auch von einem gepanzerten Sicherheitsfahrzeug. In Tel Aviv erwarten uns unsere Reiseleiterin Michal und unsere Fahrerin Tamar mit Bus. Nach dem Abendessen besichtigen die meisten den alten Hafen, den wir auch nach einigen Umwegen und etlichem Fragen erreichen. Belohnt wurden wir mit tollen Lichtern und einem schönen Blick hinüber nach Tel Aviv und auf Yafo (Jaffa). Das Meer rauscht und wird von kleinen Schaumkronen verziert. Zum Ausklang eines milden Abends genossen wir noch ein Glas Bier oder Wein im Garten eines Lokals neben der St.-Peters-Kirche in Alt-Yafo.
Am nächsten Morgen beginnen wir die Erkundung des Landes und fahren gen Caesarea Maritima. Dieser wichtige Hafen wurde von Herodes zu Ehren des Kaisers Augustus „Caesarea“ genannt. Bei strahlend blauem Himmel und warmen Temperaturen lauschen wir den Erzählungen von Michal über Herodes. Wir sitzen im Amphitheater, wo auch heute noch viele Konzerte vor bis zu 5000 Zuhörern dargeboten werden. Auch wir singen, um die Akustik zu testen, haben aber leider kein Publikum… Pfarrer Haimböck liest uns aus der Bibel die Geschichte von Cornelius vor. Cornelius wurde von Petrus getauft. Auch Paulus lebte zeitweilig hier, Pontius Pilatus auch. Der Name „Pontius Pilatus“ wurde eingemeißelt auf einem Stein entdeckt – und die Bibel hat doch recht.
Weiter geht unsere Reise durch Drusendörfer: wir sehen bärtige Männer in traditioneller Kleidung (Pluderhosen, Stiefel und Fes) und schwarz gekleidete Frauen, die Kopf und Schultern mit einem weißen Schal bedecken. Weiter zum Karmel, hier triumphierte Elia über die Baalspriester und tötete 300 von ihnen. Schöner Blick nach Galiläa hinein, nur leider etwas diesig. In unserer Mittagspause in einem Drusendorf genießen wir zum ersten Mal Falafel.
Haifa – kurzer Blick auf die Bahaigärten und den Tempel – die Bahai-Religion kommt aus Persien, dem heutigen Iran, und hat ihr Zentrum hier in Haifa. Bemerkenswert: Rote Dächer weisen auf deutsche Einwanderer hin.
Wir erreichen Nazareth und besuchen das Nazareth-Village, ein Museumsdorf, in dem das Leben so gezeigt wird, wie es zu Jesu Zeiten wohl war, unterstützt von ausgegrabenen Artefakten (Weinpresse, Ölpresse, Synagoge usw.) und traditionell kostümierten Darstellern.
Wir fahren dann zum Kibbutz Kinar am See Genezareth, wo wir für zwei Nächte bleiben werden. An manchen berühmten Orten sehen wir nichts von dem, was sie bekannt werden ließ, hier versammeln sich trotzdem Menschen in Scharen. Solch ein spiritueller Ort ist am Nordufer des Yam Kinneret, so heißt der See Genezareth im Hebräischen: Es ist der Berg der Seligpreisungen. Hier hielt Jesus nach der Überlieferung die wichtigste Rede der Bergpredigt. Auch wir treiben in der Masse Mensch vorwärts, an der Kirche der Seligpreisungen vorbei zu einem Platz, wo uns Michal die Geschichte der achteckigen Kirche erzählt. Die acht Seiten der Kirche sind den acht Seligpreisungen gewidmet: den geistig Armen, den Leidtragenden, den Sanftmütigen, denen die nach Gerechtigkeit hungern, den Barmherzigen, den Menschen reinen Herzens, den Friedenstiftenden und denen, die um seiner Gerechtigkeit willen verfolgt werden. Diese Kirche, bzw. deren Kuppel symbolisiert passenderweise die neunte Seligpreisung, in der Jesus den um seinetwillen Verfolgten die Belohnung im Himmel verspricht. Meditativ ist der Blick zum See. Pfarrer Haimböck hält mit uns eine Andacht, wir hören die Seligpreisungen und singen.
Kurze Zeit zur freien Verfügung, dann fahren wir nach Tabgha, dem Ort der Brotvermehrung. In der Brotvermehrungskirche herrscht dämmrige Stille, wir sehen das berühmte Mosaik mit den Broten und den Fischen. Weiter geht unsere Fahrt nach Kapernaum zum Haus der Schwiegermutter des Petrus, zur Synagoge, in der Jesus wohl gelehrt hat und zu den vielen ausgegrabenen Grundmauern anderer Häuser. Von den Ausgrabungen weg gehen wir zu dem Schiff, das uns über den See fährt: neben der deutschen Flagge weht die israelische – und wir hören beide Nationalhymnen. Wir tanzen auf dem Schiff zur Melodie von Hava Nagila, das Schiff schwankt. Sonne, Sonnenbrand und eine tolle Schifffahrt.
Der Golan – Michal erklärt uns in Kfar Haruf die politische Lage, schöner Ausblick zum See, leider diesig. Weiter zum Drei-Länder-Eck Syrien, Jordanien, Israel. Plötzlich bekommen diese Namen aus den Nachrichten ein anderes, ein nahes Gesicht. Weiter am Grenzzaun zu Jordanien entlang, hier sind in kurzen Abständen Betonmauern angebracht: Schutzmauern aus der Zeit, wo Heckenschützen von Jordanien aus auf die israelischen Grenzpatrouillen gezielt haben. Müde von einem ereignisreichen Tag fahren wir zum Kibbutz zurück, laufen zum See hinunter und testen die Temperatur (bis zum Knie) – schon noch kalt, und Schwimmen ist verboten, da noch kein Bademeister aufpasst.
Heute (Donnerstag, 14. März) wären laut Plan eigentlich Masada und das Tote Meer „dran“, aber das Wetter: Für das Tote Meer und Masada wurden Regen und damit Überschwemmungen vorhergesagt, daher ändern wir die Reihenfolge und fahren über Jericho mit einem kurzen Stopp dort nach Jerusalem. Wir erreichen Jerusalem, es schüttet. Wir verzichten auf die Stadtrundfahrt und die Menora vor der Knesset und stellen uns gleich im Israelmuseum an. Michal erklärt uns anschaulich das historische Jerusalem, dann gehen wir in den Schrein des Buches, um die Papyrusrollen von Qumran anzuschauen: die Jesaja-Rollen, eine der beiden ist 7,34 Meter lang. Sie stammen aus dem 2. und 1. Jh. v. Chr.! Nach unserer Mittagspause besuchen wir die Holocaust-Gedächnisstätte
Yad Vashem. Michal empfiehlt uns, zwei Stationen aufzusuchen: das Denkmal der verschwundenen Gemeinden in Europa: hohe Felsensäulen mit den Namen der Orte, die einmal jüdisches Leben beheimateten. Nördlingen haben wir gesucht und gefunden. Die Felsensäulen sind in den Umrissen Europas angeordnet, Wir laufen im Labyrinth, beklemmend, erschreckend. Mehr als 5000 Gemeinden sind aufgeführt – ausgelöscht. Das Wetter und der dunkle Himmel passen zur Düsternis des Ortes. Die zweite Gedenkstätte ist dem Gedenken der 1.500.000 ermordeten Kinder gewidmet, gestiftet von Abe und Editha Spiegel, deren Sohn Uziel mit 2 ½ Jahren in Auschwitz ermordet wurde. Es brennen fünf Kerzen, die sich an der Decke spiegeln, Kinderbilder, ein Endlostonband liest die Namen, das Alter und das Land der ermordeten Kinder vor. Die Stimme emotionslos, dafür aber umso mehr bewegend, Hintergrundmusik, unter die Haut gehend. Nachdenklichkeit macht sich breit.
Am nächsten Tag scheint wieder die Sonne und wir besuchen Bethlehem. Bethlehem ist für Juden, Christen und Moslems ein besonderer Ort. Die kleine Stadt im judäischen Bergland gilt als Heimat des legendären Königs David. Wir Christen verehren Bethlehem als Geburtsort Jesu Christi, und der Prophet Mohammed soll auf seinem Weg nach Jerusalem dort gebetet haben. Seit 2003 prägt ein „besonderes“ Bauwerk die Stadt: Im Norden verläuft auf rund einem Kilometer Länge die acht Meter hohe Mauer, die in Bethlehem das Palästinensische Autonomiegebiet von Israel trennt. Sie soll Israel vor Attentätern schützen, hat aber für Bewohner und Besucher des autonomen Gebiets den Nachteil, dass sie umständliche Kontrollen über sich ergehen lassen müssen. Israelis ist es verboten, in die Autonomieregion zu gehen – Michal, ihr Kollege und die Busfahrerin mussten eine Sondergenehmigung beantragen. Wir laufen zur Geburtskirche, treten durch die Demutspforte ein, jeder Besucher der Kirche muss sich tief bücken, um hinein zu gehen. Mit vielen anderen warten wir eine Stunde, bevor wir die „Geburtsgrotte“ mit dem 14-zackigen „Stern von Bethlehem“ besichtigen können. Endlich können wir in die Grotte und werden von den Aufsichtspersonen zur Eile angehalten: „Come on my friend, hurry, hurry….” Auch auf den Hirtenfeldern sind viele, viele Menschen unterwegs.
Ein schöner Blick ins Land hinein, alles ist grün. Es ist zwar nicht (mehr) Weihnachten und nicht Nacht, doch wir singen „Stille Nacht, Heilige Nacht“. Der krönende Abschluss des Tages war in Jerusalem die Klagemauer, am Freitagabend feiern die Juden den Beginn des Shabbat: Massen von Menschen sind zur westlichen Mauer unterwegs, festlichgekleidet. Tolles Licht, feierliche Stimmung, die Männer singen und tanzen. Wir (Frauen) schauen über den Zaun ins Männerteil hinüber, sehen viele, viele Männer (und Jungen) mit Kippas, Hüten und sogar hohen Pelzmützen, die Schtreimel heißen. Auch Soldaten mit ihren Waffen tanzen und singen und erwarten die „Königin Shabbat”. Viele junge Israeli leben ihren Glauben, auch die Frauen. Sie beten und singen, wir nähern uns der Klagemauer, riesige Quader, viele gefaltete Zettel, die der Engel Gabriel in den Himmel holt.
Unser vorletzter Tag beginnt am Ölberg mit dem berühmten Panoramablick – und es regnet, ja, stürmt! Schnell laufen wir zum Garten Gethsemane, dem Ort von „Wachet und betet“, der Todesangst Jesu und seiner Verhaftung. Beeindruckende uralte Olivenbäume. Mit vielen anderen drängen wir ins Trockene, in die Kirche der Nationen. Weiter in Richtung Altstadt, die wir durch das Löwentor betreten. Die Via Dolorosa öffnet sich uns mit dem Beginn der Stationen von Jesu Leidensweg. Hier beginnen Pilgergruppen ihren Weg zur Grabeskirche, teilweise mit Holzkreuzen auf den Schultern, sie singen und beten in vielen Sprachen. Wir reihen uns in die Masse Mensch ein, laufen in der engen Straße und suchen und finden unsere Gruppe immer wieder. Endlich – das Österreichische Hospiz, wir sind im Wiener Café Meinl angemeldet. Der Kaffee und auch die Sachertorte schmecken sensationell. Wir gehen auf die Dachterrasse und fotografieren Jerusalem von oben und stellen uns unter großem Gelächter zu zwei Gruppenbildern auf: erst „die Katholischen mit Pfarrer“, dann „die Evangelischen mit Pfarrer“. Weiter die Via Dolorosa entlang Richtung Grabeskirche, auch hier eine endlos lange Warteschlange vor dem Eingang. Wenn wir hinein wollen, müssten wir mindestens zwei Stunden anstehen - wir entscheiden uns dagegen und trennen uns für die Mittagspause. Teresa und ich schauen dem Treiben vor der Grabeskirche zu und bummeln dann in den Basar hinein. Es regnet und wir warten in der Erlöserkirche auf unsere Gruppe. Wir schauen uns noch das Gartengrab an und beschließen dann den Abend mit einem gemütlichen Beisammensein.
Leider ist dann am Sonntag schon unser letzter Tag, der uns „in die Wüste“ führt – nicht zu Fuß wie Moses und die Israeliten, nein, ganz bequem im Bus. Eigentlich haben wir uns die Wüste als Landschaft mit Sanddünen vorgestellt und sehen stattdessen das Grün und die Blumen. Das ist möglich, weil es diesen Winter viel geregnet hat. Masada, der Palast (Fluchtburg und Winterresidenz) des
Herodes, unvorstellbarer Luxus in der Wüste: Fußbodenheizung, Badehäuser, ein Schwimmbad, Thermen, 15 Lagerräume, 38 Wachttürme, zwölf Zisternen, die fast 40 Millionen Liter Wasser fassen. Michal erklärt uns das ausgeklügelte Wassersystem, das diesen Luxus und sogar Landwirtschaft auf dem Plateau ermöglichte. Herodes legte auf Masada Waffenarsenale, Vorräte an Getreide, Datteln, Hülsenfrüchten, Wein, Öl und Wasser an und baute an der Nordseite für sich einen großen Palast. Wir fahren mit der Seilbahn zum Gipfel des markanten Felsens und sind von den Ausgrabungen, der Geschichte und dem grandiosen Rundblick beeindruckt. Der jüdische Widerstand mit dem Selbstmord der Aufständischen, die Belagerung – sichtbar durch acht Römerlager rund um den Felsen und die Rampe, die die Römer bauten, um letztendlich doch diese Mauern zu überwinden, von all dem berichtet Flavius Josephus in seinem Buch „Der jüdische Krieg“. Und jetzt auf zum Toten Meer – der Wasserspiegel ist in den letzten Jahrzehnten dramatisch zurückgegangen, aber für uns ist doch noch genug da, um zu baden. Vorsichtig gehen die meisten unserer Gruppe ins Wasser, das durch die Mineralien richtig ölig wirkt. Ein Bad im Toten Meer ist ein besonderes Erlebnis. Der hohe Salzgehalt hat zur Folge, dass wir nicht untergehen. Wir treiben gemütlich im
Wasser und lesen dabei die Rieser Nachrichten!
Diese Woche ist wie im Flug vergangen, wir haben viel erlebt, noch mehr erfahren und eine wunderschöne Zeit gehabt und eine tolle Reise erlebt. Zum Abschluss mein Fazit und auch das von Pfarrer Haimböck und Heiner Weng, unseren hiesigen Organisatoren und Reiseleitern: Obwohl wir mit 44 Reisenden eine sehr große Gruppe waren, haben wir alle sehr gut zueinander- und zusammengepasst. Beiden Herren vielen Dank dafür und unser Abschiedsgruß soll der eines Israeli aus der Diaspora sein: „Nächstes Jahr in Jerusalem“.
Auf Wiedersehen תוארתהל Lehitraut
Renate Andermann